1918, der Südwesten erhebt sich (Teil 3) – Karl Fraaß und die Revolution

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9. November 1918  | Revolution in Stuttgart! Für den 18-jährigen Karl Fraaß ging am 9. November 1918 ein Traum in Erfüllung. Begeistert schrieb der aus Wannweil stammende Elektromonteur in sein Tagebuch auf, wie er mitten im Geschehen war.  Als „Spartakist“ zählte er sich zum linken Flügel der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (USPD), die sich wegen ihrer Ablehnung des Krieges von der SPD abgespalten hatte. Fraaß wollte eine sozialistische Räterepublik verwirklichen, in der die Arbeiterinnen und Arbeiter bestimmen sollten.

Tatsächlich wehte am 9. November 1918 eine rote Fahne über dem Wilhelmspalais, dem Wohnsitz von König Wilhelm II.. Selbst in Württemberg hatte der populäre König keine Zukunft mehr, auch wenn sich seine Abdankung noch bis zum 30. November hinauszögerte. Aber für eine „sozialistische Republik“ gab es deswegen noch lange keine Chance. Im liberal-konservativ geprägten Württemberg bekannte sich die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung zu einer umfassende Beteiligung aller Bevölkerungsschichten und lehnte einen radikalen Bruch ab.

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Fraaß musste dies schnell enttäuscht feststellen. Bereits am 20. November notierte er: „Die Revolution wird von den Blauen Schritt für Schritt verraten auf den Schlossplatz werden schwarz-weiß-rote Fahnen u. Wimpeln aufgehängt um den heimkehrenden Truppen etwas zu bieten u. diese marschieren in voller Ausrüstung samt Stahlhelm ein. O Revolution, ich beklage deinen frühen Fall. O Tage der Freiheit wo seid ihr geblieben?“ Fraaß wollte dies nicht akzeptieren und kämpfte mit der Waffe in der Hand am 9. Januar 1919 für „seine“ Republik, als er an der Tagblattturm-Besetzung in Stuttgart teilnahm. Vergebens!

Auch nach der Revolution blieb das Leben von Fraaß mehr als spannend. Er trat der neuen KPD bei und hoffte noch immer auf die „richtige“ Revolution. Nachdem er 1930 arbeitslos geworden war, reiste er zweimal in die Sowjetunion. Im März 1933 rettete er sich vor den Nationalsozialisten in die Schweiz. Im Exil in der Schweiz begann seine Ernüchterung über den Kommunismus. Die Schweiz schob ihn 1940 nach Deutschland ab. Als Mitglied der Organisation Todt kam Fraaß an die Ostfront und musste bis 1944 Kriegsdienst leisten. Ab 1946 baute er den Behrendt-Verlag in Stuttgart auf und gründete die Buchgemeinschaft „Stuttgarter Bücherfreunde“. Politisch überzeugten ihn nun vor allem Theodor Heuss und dessen liberale Demokratische Volkspartei (DVP). Fraaß starb 1962.


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