Schwäbische Bastille – Die Festung Hohenasperg soll Gedenkstätte werden

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17. Juni 1980 | Beinahe majestätisch thront die Festung Hohenasperg auf einer Anhöhe nahe Ludwigsburg. Wen schützten deren trutzige Mauern? Die, die darin leben (mussten) oder all jene, die draußen wohnten? Über Jahrhunderte hinweg war die Festung Ausdruck staatlicher Macht und ein Symbol dafür, wie mit echten oder vermeintlichen Verbrechern umgegangen wurde. Auffällig viele politische Gefangene saßen hier ein. Ihre Biografien verraten einiges über die jeweilige Gesellschaft, in der sie lebten. Nach harter Kritik am Beamtenstaat kam Friedrich List im Jahre 1824 für ein Jahr hinter Schloss und Riegel und die Verhaftungswelle nach der Revolution von 1848/49 machte den Hohenasperg zum „Demokratenbuckel“, wurden hier doch Revolutionäre vom Schlage eines Gottlieb Rau interniert. Auch Revolutionäre von 1918/19 wie Fritz Rück und Mitglieder der KPD wurden während der Weimarer Republik und des Nationalsozialismus hier eingesperrt. Die NS-Behörden richteten zudem zeitweise innerhalb der Mauern ein Sammellager für Sinti und Roma, für „Asoziale“ und an Tuberkulose erkrankte Häftlinge ein.

Das idyllische Bild trügt. Auch im 19. Jahrhundert war die Festung Hohenasperg ein Ort des Strafens. Die kolorierte Zeichnung des Innenhofs fertigte Johann Baptist Bauernfeind um 1849 an (Bildnachweis: Gabelin, Backnang).

In der Nachkriegszeit wuchs die Bedeutung des Hohenasperg als Gefängniskrankenhaus: Die Mauern sahen Gefangene wie den „Remstalrebell“ Helmut Palmer oder das RAF-Mitglied Günter Sonnenberg (ab 1977). Dessen Zwangsernährung wurde öffentlich heiß diskutiert und von der RAF als Beweis für ein System der „Vernichtungshaft“ ausgeschlachtet. Scharfe Kritik an den allgemeinen Haftbedingungen brachte auch der Psychiater Achim Mechler vor, der im Jahr 1979 seinen Dienst als Chef des Vollzugskrankenhauses quittiert hatte. Was hinter Gittern geschah, war immer weniger Menschen gleichgültig.

 

Mit einer Sternwanderung und einer Kundgebung am 17. Juli 1980 forderten rund 1.000 Teilnehmende in Ludwigsburg  ein Mahnmal für die freiheitlich-demokratische Bewegung in Württemberg. Zwei Jahre zuvor hatte der Historiker und Aktivist Horst Brandstätter mit seinem Buch „Asperg. Ein deutsches Gefängnis“ die Idee einer Gedenkstätte aufgebracht. Auf der Kundgebung von 1980 schlug die Schriftstellerin Luise Rinser vor, statt dem „Symbol für Law und Order“ ein Zeichen des Verbindenden zu setzen, beispielsweise mit einem Haus für schöpferische Arbeit für Jugendliche.

Mit der Eröffnung der Ausstellung „Hohenasperg – Ein deutsches Gefängnis“ im Jahr 2010 fand der Einsatz Brandstätters und des Aktionsbündnisses „Gedenkstätte Hohenasperg“ einen erfolgreichen Abschluss.  Was ist Recht, was Unrecht? Was bedeutet Freiheit, was Gefangenschaft für den Menschen? Ausgewählte Biografien  sollen hierzu Einblicke bewähren und zum Nachdenken anregen.


Zum Weiterlesen und -forschen:

  • Haus der Geschichte Baden-Württemberg: Onlineauftritt Zweigmuseum Hohenasperg.
  • HdG BW (Hrsg.): Hohenasperg – Ein deutsches Gefängnis. Katalog zum Museum im Arsenalbau der Festung Hohenasperg, Stuttgart 2011.
  • HdG BW (Hrsg.): Asperg – Ein deutsches Gefängnis. Der schwäbische Demokratenbuckel und seine Insassen: Pfarrer, Schreiber, Kaufleute, Lehrer, gemeines Volk und andere republikanische Brut. Mit Abschweifungen über Denunzianten und Sympathisanten in alter und neuer Zeit. Zusammengestellt von Horst Brandstätter, mit einer Einführung von Jürgen Walter und einem Beitrag von Franziska Dunkel, Ubstadt-Weiher 2015.
  • Fridtjof Theegarten: Der Tränenberg soll Kulturstätte werden, in: Stuttgarter Nachrichten 18.07.1980, S. 9.

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